Neupositionierung der politischen Jugendbildungin Zeiten der Arbeitslosigkeit
„Was muss politische Jugendbildung in ihren Kursangeboten für junge Arbeitslose leisten? Wie kann politische Bildung die gesellschaftliche Ausgrenzung junger Arbeitsloser verhindern?“ waren zentrale Fragestellungen bei der Fachtagung „Politische Jugendbildung in Zeiten der Arbeitslosigkeit“ im Oswald-von-Nell-Breuning-Haus in Herzogenrath.
Mehrals 45 Teilnehmer/-innen aus dem gesamten Bundesgebiet tauschten Erfahrungen aus ihrer Jugendbildungsarbeit aus und diskutierten neue Wege für die politische Bildungsarbeit mit von Arbeitslosigkeitbedrohten jungen Menschen. Veranstaltet hatte die Fachtagung die Arbeitsgemeinschaft katholisch-sozialer Bildungswerke (AKSB) in Kooperation mit dem Bundesarbeitskreis Arbeit und Leben (BAK AL) und dem Oswald-von-Nell-Breuning-Haus.
Der Einführungsvortrag von Prof. Dr. Jürgen Mansel, Universität Bielefeld, verdeutlichte die Auswirkungen von Arbeitslosigkeit auf die Lebensperspektive von Jugendlichen. Prof. Mansel überraschte die Teilnehmenden mit einem Ergebnis seiner statistischen Auswertung: Es könne nicht von einer Motivationslosigkeit von Jugendlichen aus sozialschwächerem Umfeld gesprochen werden. Die Untersuchung zeige bei diesen Jugendlichen vielmehr eine Motivation zur Arbeit, die der von Jugendlichen aus anderen sozialen Verhältnissen entspreche oder sie sogar übertreffe. Offensichtlich entwickelten diese Jugendliche, so der Wissenschaftler, eine eigene Strategie im Umgang mit ihrer Lebenssituation, die sie vor einem Fall in die Hoffnungslosigkeit schütze. Diese neu eingeschlagenen Lebensstrategien lägen oftmals nebenden etablierten gesellschaftlichen Wegen.
Im Mittelpunktder Podiumsdiskussion am zweiten Tag der Tagung stand neben den Ursachen für die Arbeitslosigkeit die Rolle der politischen Bildung beim Übergang von der Schule in das Erwerbsleben. Teilnehmer auf dem Podium waren neben dem Geschäftsführer von Arbeit und Leben und Vorsitzenden des Bundesausschusses Politische Bildung, Theo Länge, Vertreter der Bundesagentur für Arbeit, der Gewerkschaft und der Schule. Besonders die Beiträge des Leiters der Gerhart-Hauptmann-Hauptschule in Alsdorf, Axel Ehl, zeigten, wie wichtig die Zusammenarbeit der Schulen mit Betrieben und der politischen Bildung sei. Jugendliche seien, so der Schulleiter, eindeutig offener für ein Bildungsangebot, wenn es in Einrichtungen außerhalb der Schule stattfinde. Wie notwendig solche Kooperationen sowie eine intensive Auseinandersetzung mit der Lebensperspektive Jugendlicher seien, ließ Ehl anhand der Abgangszahlen seiner Schule deutlich werden: Von 75 abgehenden Schülern erhielten nur 15 einen Ausbildungsplatz, 60 kämen in Maßnahmen der Agentur für Arbeit.
Nach der anschließenden Beratung der Themeninhalte der Podiumsdiskussion in Arbeitsgruppen präsentierten die Teilnehmer/-innen im Plenum folgende Ergebnisse:
Politische Jugendbildung dürfe sich nicht ausschließlich an die jugendlichen Arbeitslosen selbst wenden, sondern müsse ihr Umfeld, die Familie, den Schul- und Berufsausbildungsbereich mit einbeziehen. Diese Bildungsarbeit benötige eine Umorientierung bei ihren Lernzielen, die zu sehr auf die Erwerbsarbeit ausgerichtet seien und andere politische Dimensionen der Lebensgestaltung ausblenden:Leben sei mehr als Arbeit.
Weitere Aufgabe der politischen Bildungsarbeit müsse es sein, den arbeitslosen Jugendlichen Fähigkeiten zu vermitteln, die ihnen helfen, ihre Interessen gesellschaftlich zu vertreten und in der Demokratie umzusetzen.
Andie Politik ging die Forderung, die Vielfalt der Trägerlandschaft zustärken. Besonders die zunehmende Ausgrenzung von Jugendlichen mit Migrations-hintergrund vom Arbeitsmarkt erfordere zusätzliches Engagement der politischen Bildung. Maßnahmen, die sich an diese Zielgruppe wenden, müssten von der öffentlichen Hand stärker gefördert werden.
Ebenso sollte die Zusammenarbeit mit den Schulen intensiviert werden. Die Tagung habe am Beispiel der Schulen deutlich gemacht: Außerschulische politische Bildung ist eine wichtige Ergänzung zum Schulalltag. Weitere öffentliche Einsparungen bei Trägern der politischen Jungend- und Erwachsenenbildung würden dem jedoch entgegenstehen.
Um die Notwendigkeit der Forderungenauch bundesweit stärker zu vertreten, war es abschließend ein Wunschder Teilnehmer, sich in Fortsetzung der Tagung weiter zu vernetzen und die Weiterarbeit an dem Thema zu intensivieren. Die beteiligten Träger der Fachtagung planen bereits eine weiterführende Kooperation zu diesem Thema.