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Geregelte Verhältnisse in Nordrhein-Westfalens Fleischindustrie?

Minister Laumann besucht Bilanztagung des Projektes „Arbeitnehmerfreizügigkeit fair gestalten“ in Dortmund

Zwei Jahre nach Inkrafttreten des Arbeitsschutzkontrollgesetzes hat das Projekt „Arbeitnehmerfreizügigkeit fair gestalten“ von Arbeit und Leben NRW am 5.12. zusammen mit Expert*innen aus Politik, Gewerkschaft, Arbeitsschutz und Beratungsstellen in Dortmund Bilanz gezogen. Mit dem Arbeitsschutzkontrollgesetz wurde eine Zäsur in der Fleischindustrie eingeleitet, die an den Grundfesten ihres bisherigen Geschäftsmodells rührt: Im Kernbereich der Fleischwirtschaft sind Werkverträge generell und Leiharbeit grundsätzlich verboten. Arbeitszeiten müssen elektronisch und manipulationssicher aufgezeichnet und elektronisch aufbewahrt werden. Für Verstöße sind entsprechende Bußgeldtatbestände geregelt.

Arbeitsminister Karl-Josef Laumann: Werden dafür Sorge tragen, dass die erreichten Verbesserungen gesichert und bestehende Defizite beseitigt werden

„Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat sich stark für das neue Arbeitsschutzkontrollgesetz eingesetzt. Auch konnten erste Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen von Beschäftigten aus der Fleischindustrie erreicht werden. Das maßgebende Verbot des Einsatzes von Werkvertragsfirmen ist umgesetzt und die Beschäftigten sind in die Stammbelegschaft der Fleischkonzerne übernommen worden. Damit haben sie alle Arbeitsrechte und die Arbeitsschutzbestimmungen können direkt für sie angewendet werden. Dies war und ist mir sehr wichtig“, so Arbeitsminister Karl-Josef Laumann: „Ein wirklich nachhaltiger Erfolg des Arbeitsschutzkontrollgesetzes ist aber nur durch einen Kulturwandel in der Fleischindustrie erreichbar. Dieser ist eng mit einer kontinuierlichen Überwachung durch die Arbeitsschutzbehörden verbunden. Hierdurch werden wir dafür Sorge tragen, dass die erreichten Verbesserungen gesichert und bestehende Defizite konsequent beseitigt beziehungsweise geahndet werden.“

Es gibt noch viel zu tun

Dr. Johannes Specht, Leiter der Tarifabteilung der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) begrüßte die gesetzlichen Änderungen als wichtige Maßnahme und wies darauf hin, dass es immer noch viel zu tun gäbe. Er thematisierte u.a. kritisch die Rolle der ehemaligen Subunternehmer: „So wurden nicht nur die ehemaligen Werkvertragsbeschäftigten, sondern auch deren Vorarbeiter*innen und Leitungskräfte in den Fleischunternehmen eingestellt, wo sie oft nahtlos ihre frühere Funktion fortsetzen, die nun bei der Anwerbung aber auch oft noch in Betrieben selbst Druck ausüben.“

Dies kann das Projekt „Arbeitnehmerfreizügigkeit fair gestalten“ aus seiner Beratungspraxis bestätigen. Ratsuchende berichten ihnen immer wieder: „Der Ton ist in manchen Betrieben oder Abteilungen weiterhin rau, oft ist der Arbeitsalltag von Hetze, Anschreien, Demütigung und Beleidigungen geprägt.“ Auch seien arbeitsrechtliche Verstöße wie ungerechtfertigte Lohnabzüge und Kündigungen, nicht anerkannte Arbeitsunfälle und fehlende Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall oder bei Urlaub häufige Themen in der Beratung

Im Laufe der vergangenen drei Projekt-Jahre fanden über 2100 Menschen aus NRW den Weg in die arbeits- und sozialrechtliche Beratung, auch aus anderen Arbeitsbereichen wie z.B. der Saisonarbeit in der Landwirtschaft, der Kurier- Express- und Paketdienstleistungen, Pflege und Reinigungsgewerbe. Zudem wurden zehntausende Menschen bei Online-Veranstaltungen und aufsuchenden Aktionen vor Werkstoren, Unterkünften und Feldbesuchen erreicht und über ihre Arbeitsrechte aufgeklärt.

An der Bilanztagung in Dortmund nahmen auch Vertreter*innen aus den Botschaften und Konsulaten der Republiken Rumänien und Bulgarien teil. Aus diesen Ländern stammen viele Beschäftige, die hier in prekären Beschäftigungsverhältnissen tätig sind und ein großes Risiko haben, von Arbeitsausbeutung betroffen zu werden.

NRW Netzwerk gegen Arbeitsausbeutung

Um ausbeuterische Arbeitsverhältnisse zurückzudrängen, hat das nordrhein-westfälische Arbeitsministerium ein landesweites Netzwerk gegen Arbeitsausbeutung initiiert, in dem sich landesweit Beratungsstellen, Vereine und Initiativen zusammengeschlossen haben. An der Bilanztagung nahmen für das Netzwerk als Referenten Rechtsanwalt Klaus Körner von der „Aktion Würde & Gerechtigkeit e.V.“ in Lengerich und Karl Sasserath, Leiter des Arbeitslosenzentrums und der Beratungsstelle Arbeit in Mönchengladbach teil. Sie unterstreichen die Notwendigkeit des vernetzten Handelns, um gegen arbeitsausbeuterische Verhältnisse im Land wirksam vorzugehen.

Bundesweite Beratungsstellen von Arbeit und Leben

Beratungsstellen von Arbeit und Leben, die in dem Beratungsnetzwerk Gute Arbeit zusammengeschlossen sind, setzen sich für gute Arbeitsbedingungen und gerechte Löhne auf dem deutschen Arbeitsmarkt ein.

Sie beraten und unterstützen mobile Beschäftigte, überwiegend aus europäischen Ländern, bei allen Fragen rund um die Arbeit insbesondere zu folgenden Themen:

  • Arbeitsvertrag
  • Entlohnung
  • Arbeitsbedingungen (Arbeits- und Gesundheitsschutz, Mutterschutz, Arbeitszeit, Urlaub)
  • Kündigungsschutz

Die Beratung ist vertraulich und kostenlos.

Mehr Infos zu den bundesweiten Beratungsstellen gibt es hier:
www.gute-arbeit.arbeitundleben.de

 

Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW