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Fachforum der GEMINI auf dem 13. Kinder- und Jugendhilfetag 18.-20. Juni 2008 in Essen

"Abgehängt und aufgegeben? Benachteiligte Jugendliche im Fokus politischer Bildung" lautete der Titel eines Fachforums, das die Gemeinsame Initiative der Träger politischer Jugendbildung (GEMINI) am 19. Juni 2008 im Rahmen des 13. Deutschen Kinder- und Jugendhilfetages in Essen veranstaltete.

An dem Forum nahmen Prof. Dr. Rita Süssmuth, Präsidentin des Deutschen Volkshochschul-Verbandes, Kerstin Griese, MdB, Vorsitzende des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend des Deutschen Bundestages, Birgit Reißig, Deutsches Jugendinstitut (DJI), und Klaus Beier vom Hessischen Kultusministerium teil. Moderiert wurde das Gespräch von Pitt von Bebenburg (Frankfurter Rundschau).

Kinder- und Jugendhilfetag 2008

Klaus Beier, Prof. Dr. Rita Süssmuth, Pitt von Bebenburg, Kerstin Griese, Birgit Reißig (v.l.n.r.)

Die Gemeinsame Initiative besteht aus der Arbeitsgemeinschaft katholisch-sozialer Bildungswerke in der Bundesrepublik Deutschland (AKSB), dem Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten (AdB), dem Bundesarbeitskreis Arbeit und Leben (AL), dem Deutschen Volkshochschul-Verband e.V. (DVV), der Evangelischen Trägergruppe für gesellschaftspolitische Jugendbildung (ET) und dem Verband der Bildungszentren im ländlichen Raum (VBLR). Die GEMINI, die im Bundesausschuss Politische Bildung (bap) angesiedelt ist, versteht sich als Netzwerk unabhängiger Bildungsträger, das die politische Jugendbildung gegenüber Politik und Öffentlichkeit vertritt.

Benachteiligte oder "bildungsferne" Jugendliche erfahren derzeit – nicht nur in öffentlichen Stellungnahmen – verstärkte Aufmerksamkeit. Eine große Zahl dieser jungen Menschen steht in der Gefahr, ihre soziale Integration zu verpassen oder zu verlieren, weil sie nur geringe Chancen haben, dauerhaft in abgesicherte Arbeits- und Lebensverhältnisse zu gelangen. Diese gesellschaftliche Entwicklung wird bereits seit vielen Jahren von den in der GEMINI zusammengeschlossenen Trägern der Jugendbildung thematisiert. Sie bieten jungen Menschen Bildungsveranstaltungen an, die auf diese Situation reagieren.

v.l.n.r

In dem Forum mit über 100 Vertretern der Fachöffentlichkeit wurden Stärken, Grenzen und Möglichkeiten politischer Jugendbildung ausgelotet. Es wurde diskutiert, welche Formate und Konzepte die Teilhabe junger Menschen in der Demokratie fördern und warum Seminare und Projekte – auch jenseits beruflicher Verwertbarkeit – für diese Zielgruppe angeboten werden sollen.

  • Birgit Reißig referierte Untersuchungsergebnissen einer Studie (‚Übergangspanel’) zum Übergang Schule/Beruf von HauptschülerInnen: Der direkte Schritt ins duale Ausbildungssystem gelingt lediglich einem Viertel, die Mehrzahl findet sich in "Übergangssystemen" wieder. Besonders betroffen seien Jugendliche mit Migrationshintergrund.

  • Klaus Beier stellte das hessische Programm SchuB vor. Es richtet sich an Jugendliche ab der 7. Jahrgangsstufe, bei denen auf Grund ihrer Leistungs- und Verhaltensdisposition zu erwarten ist, dass sie ohne Förderung den Schulabschluss verfehlen. Das Angebot ist durch eine Wochenstrukturierung in drei Tage Unterricht und zwei Tage Praktikum gegliedert.

  • Rita Süssmuth sprach sich energisch dagegen aus, bei der Frage nach den Übergangsproblemen junger MigrantInnen Stereotype zu bedienen. Für die Ursachenforschung zur Benachteiligung spiele der soziostrukturelle Hintergrund eine wesentliche Rolle. Vehement sprach sie sich für den hohen Stellenwert politischer Bildung als Basisbildung in einer Demokratie aus.

  • Kerstin Griese betonte, dass Bildung die soziale Frage des 21. Jahrhunderts ist. Im Kern gehe es dabei um Teilhabegerechtigkeit einer zukunftsorientierten, solidarischen Gesellschaft. Der Bund habe dazu vielfältige Initiativen ergriffen. Beispielhaft nannte sie das Programm "Zweite Chance", bei dem jugendlichen Schulabbrechern das Nachholen des Schulabschlusses ermöglicht werde.

Interventionen aus dem Publikum forderten nachdrücklich, die Frage der Teilhabe in erweiterten Kontexten zu diskutieren. Es könne nicht angehen, die Bildungschancen ausschließlich unter dem Label der "Employability" zu betrachten. Notwendig sei vielmehr die Eröffnung grundsätzlicher Teilhabemöglichkeiten an der gesellschaftlichen Zukunftsgestaltung auch durch Angebote politischer Bildung. Diese würden aber z.B. von der Agentur für Arbeit oder Aktionsprogrammen ignoriert oder unmöglich gemacht.

Süssmuth bestätigte, dass der Mainstream der Debatte eindeutig auf Arbeit und Berufsfähigkeit ausgerichtet ist. Hier müsse ein radikales Umdenken einsetzen: Die politische Bildung müsse mit ihrer – trotz schlechter Förderung – erfolgreichen Arbeit deutlicher in den öffentlichen Fokus rücken. Laut Griese hat die Förderung der politischen Jugendbildung einen herausragenden Stellenwert im Kinder- und Jugendplan des Bundes. Dieser werde von ihr und ihren Kollegen im Bundestag nachdrücklich verteidigt. Alle Jugendlichen sollten Zugang zur politischen Bildung erhalten. Dafür gebe es bei den freien Trägern vielfältige Ansätze.

Markus Schuck/Lothar Jansen

Bundesarbeitskreis
Arbeit und Leben e.V.
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