Erklärung des Bundesausschusses Politische Bildung (bap) zum Rechtsextremismus
Im Zusammenhang mit den erschreckenden Entwicklungen und Erkenntnissen zum Rechtsextremismus in unserer Gesellschaft fordert der Vorsitzende des Bundesausschuss Politische Bildung (bap), Lothar Harles, mehr Information und Aufklärung sowie die Aufstockung der Mittel für die Politische Bildung.
Die Erklärung im Wortlaut:
Erklärung des Bundesausschusses Politische Bildung (bap) zum Rechtsextremismus
Politische Bildung: dauerhafte Angebote gegen Extremismus dienen der Zukunftsvorsorge der Demokratie Im Zusammenhang mit den erschreckenden Entwicklungen und ständig neuen Erkenntnissen zum Rechtsextremismus in unserer Gesellschaft wird jetzt nach mehr Überwachung und nach Verboten gerufen. Es ist unglaublich, was über Jahre hinweg praktisch unbeachtet in unserer Gesellschaft geschehen konnte. Erschreckend sind auch die Einstellungen und Überzeugungen, die diesem Handeln zugrundeliegen. Für unsere demokratische Gesellschaft ist es äußerst bedenklich, dass die Akteure dabei auf stillschweigende oder aktive Unterstützung aus der Bevölkerung zurückgreifen konnten. Welche Reaktionen notwendig sind, lässt sich derzeit noch nicht beurteilen. In einem ersten Schritt sind auf jeden Fall mehr Information und Aufklärung notwendig: Welche Straftaten wurden tatsächlich geplant oder ausgeführt? Was wussten die staatlichen Überwachungsorgane und warum wussten sie vieles nicht? Wenn diese Fragen beantwortet und die erforderlichen Maßnahmen ergriffen worden sind, dann sollte in einem zweiten Schritt gefragt werden, wie es soweit kommen konnte. Konkret sollten wir uns fragen, was sich in der Gesellschaft ändern muss, damit demokratiefeindliche Ideologien, die Fremdenfeindlichkeit oder Rassismus propagieren, nicht stillschweigend hingenommen werden oder aktiv unterstützt werden. Wir müssen diese Einstellung als das erkennen und brandmarken, was sie im Endeffekt bewirkt: Die Zerstörung unserer Gesellschaft. Einer Gesellschaft, die auf der Achtung der Menschenrechte fußt, Gerechtigkeit sichert und als Organisationsprinzip in Bezug auf Entscheidungen demokratische Verfahrensweisen beachtet. Gesellschaftliche Gruppen, Medien und Politik sind aufgefordert, das eigene Verhalten zu überprüfen, wo es negativen Entwicklungen Vorschub leistet. Die Wissenschaft ist noch mehr als bisher gefordert, Ursachen und Zusammenhänge zu erforschen. Schule, Jugend- und Erwachsenenbildung sollte noch intensiver demokratische Grundbildung betreiben. Politische Bildung leistet hier einen wichtigen Beitrag: gerade mit ihren non-formalen Angeboten ist sie ganz nah an den Lebenswelten der Menschen. Sie setzt dabei nicht auf Konfrontation, sondern im Gegenteil auf Dialog und Austausch. Sie ist somit Seismograph für gesellschaftliche Entwicklungen – ganz ohne V-Leute. Nur mit dieser präventiven Grundhaltung, die Eigenheiten und Vorzüge unseres demokratischen Systems aktiv vermittelt ohne dessen Grenzen und Probleme auszublenden, wird es gelingen, auch zukünftig den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu garantieren. Die Gegner stehen nicht wie früher der Gesellschaft gegenüber, sondern wirken mittendrin. Die Situation ist also dramatisch. Spätestens jetzt sollten bundesweit alle gesellschaftlichen Kräfte und finanziellen Ressourcen für eine demokratische Gesellschaft mobilisiert werden. Dennoch verfolgt der Deutsche Bundestag noch eine gegenteilige Richtung: In den Jahren 2012 und 2013 sollen die Mittel für die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) gekürzt werden. "Demokratisches Bewusstsein", so hat Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert es einmal auf einer bap-Veranstaltung formuliert, "fällt nicht vom Himmel". Demokratie muss immer wieder neu gelernt werden. Politische Bildung kann nur wirken, wenn sie langfristig angelegt ist und über eine Infrastruktur verfügt. Natürlich können auch besondere Aktionsprogramme etwas erreichen, doch die zusätzliche Verwaltung neben den bestehenden Systemen schafft Doppelarbeit und unnötigen Verwaltungsaufwand. Es wird auch dauern, bis sie in Funktion sind. Im Namen des bap fordere ich deshalb die Zuständigen im Bundestag und Innenministerium noch einmal nachdrücklich auf, die Kürzungen aus aktuellem Anlass zurückzunehmen und die Mittel aufzustocken. Die Träger der Infrastruktur politischer Bildung sind bereits in Bezug auf die aktuellen Herausforderungen durch die rechtsextremen Entwicklungen aktiv und könnten ihre Bildungsangebote verstärken. Auf der Grundlage ihrer wertgebundenen Bildungsarbeit leistet politische Bildung einen unersetzlichen Beitrag zum Erhalt unserer demokratischen Gesellschaft. Das soll auch in Zukunft so bleiben. Lothar Harles Vorsitzender bap Bonn, den 29. November 2011 Über den bap: Im Bundesausschuss Politische Bildung (bap) haben sich rund 30 bundesweit arbeitende Trägerverbände der außerschulischen politischen Jugend- und Erwachsenenbildung zusammengeschlossen. Gemeinsames Ziel der unterschiedlich orientierten Organisationen im Bundesausschuss ist es, sich für die Entwicklung und Verbesserung der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung durch Erfahrungsaustausch und Kooperation zu engagieren, die Einsicht in die Bedeutung dieses Bildungsbereichs und die Notwendigkeit seiner öffentlichen Förderung zu verbreiten und durchzusetzen. Weitere Informationen erteilt: Lothar Harles Vorsitzender des Bundesausschuss Politische Bildung (bap) c/o AKSB Arbeitsgemeinschaft katholisch-sozialer Bildungswerke in der Bundesrepublik Deutschland Heilsbachstr. 6 53123 Bonn Tel.: 0228 / 289 29-30 Fax: 0228 / 289 29-57 E-Mail: oder E-Mail: